Vaterstetten, im Februar 2003

 

 

 

Vereinswesen / Vorstandsarbeit

 

 

Kurzinformation für Vereine

 

Die nachstehenden Empfehlungen

- vom VEREINSFORUM Vaterstetten für seine Mitgliedsvereine aufbereitet –
entstammen dem >Handbuch für Vereinsvorstände< des Verlages für die Deutsche Wirtschaft

 

 

So entschärfen Sie jede kritische Situation

 

 

Ein Verein ist nicht die Quelle der Harmonie

 

Meinungsverschiedenheiten – Wortwechsel – unsachliche Diskussion – lauter Wortwechsel – Parteien-Bildung – echter Streit – beleidigendes Schweigen – aggressive Briefe – vertrauliche Telefonate – Truppen sammeln – Intrigen spinnen – Öffentlichkeit beeinflussen – Unversöhnlichkeit zeigen – Eskalation erleben.

 

So kann es sein. So kennen Sie das vielleicht auch in Ihrem Verein? Um den Krach in einem kleinen Verein kümmern sich dann die lokalen bzw. regionalen Zeitungen, um den Krach in den mitgliederstarken Vereinen vielleicht sogar die großen Zeitungen und die elektronischen Medien.

 

In der Öffentlichkeit werden diese Meldungen begierig aufgesogen. Und schnell ist ein bestimmtes Image des Vereins zementiert. Das ist normal, menschlich und üblich. Mitunter können Schlagzeilen einen Verein auch wieder so richtig interessant machen.

 

Wenn allerdings immer nur über Vereinsquerelen berichtet wird, wirkt sich dies negativ auf den Ruf des Vereins aus und es ist dann nicht verwunderlich, wenn sich das Interesse von Neumitgliedern in Grenzen hält und die Zahl der Stamm-Mitglieder zu schrumpfen beginnt.

 

Konflikte im Verein sind etwas ganz Normales

 

Dort wo mehrere Menschen zusammentreffen, geht es nicht immer nur harmonisch zu. Unterschiedliche Menschen haben verschiedene Ansichten. Das führt ganz selbstverständlich zu Meinungsverschieden-heiten, Diskussionen und unter Umständen auch zu handfesten Konflikten. Auch in Ihrem Verein werden Sie sicher des öfteren mit dem einen oder anderen Streitthema konfrontiert.

 

Betrachten Sie Ihre Vereinsmitglieder als Kunden

 

Betrachten Sie einen Streit oder Konflikt nicht immer gleich von der negativen Seite. Wenn zwei oder mehrere sich auseinandersetzen bedeutet das, dass sie mit Leib und Seele bei der Sache sind. Die Kommunikation in Ihrem Verein ist lebendig und Ihre Mitglieder sind engagiert genug, Zeit und Nervenkraft für Ihren Verein zu investieren.

 

Schlimmer wäre es, wenn es keiner für Wert befände, sich mit seiner ganzen Person für die Vereinesbelange einzusetzen. Bedenklich wird es allerdings dann, wenn sich Streitigkeiten und Konflikte häufen und schon fast zur Tagesordnung gehören.

 

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Besinnen Sie sich zuallererst darauf, dass Ihre Mitglieder in Wirklichkeit Ihre Kunden sind. Vereinsmitglieder heute leben ihr Vereinsleben nicht mehr wie früher nach dem Motto >Mit-Machen<. Sie wollen in erster Linie etwas für sich tun, für sich haben. Das ist der Zeitgeist – und darauf sollten sowohl Sie sich als Vorsitzender als auch Ihre Vorstandsmitglieder einstellen.

 

Es mag ja sein, dass die Angebote Ihres Vereins im Vergleich zur wirtschaftlichen Konkurrenz preis-günstiger sind. Die meisten Vereine können jedoch auch nicht mit den professionellen Angeboten des wirtschaftlichen Wettbewerbs konkurrieren.

 

Wenn Sie die Mitglieder des Vereins als Kunden und damit sich selbst und den Verein als Dienstleister – wenn auch als ehrenamtliche – sehen, fällt es Ihnen nicht nur leichter, mit den Menschen und ihren Streitigkeiten umzugeben. Sie werden dann auch viel einfacher neue Mitglieder finden, weil Sie ihre Bedürfnisse verstehen.

 

Von zufriedenen Mitgliedern profitieren der Verein und der Vorstand. Denn: Wenn Ihre Mitglieder zufriedene >Vereinskunden< sind, werden sie Ihre Bitten auch bereitwilliger aufnehmen und die Vereinsarbeit mit aktiver Mithilfe unterstützen.

 

Analysieren Sie die Konflikte in Ihrem Verein

 

Gehen Sie den Konflikten auf den Grund, wenn sie sich in Ihrem Verein häufen. Denn dann liegt den meisten Streitigkeiten nicht mehr nur eine offene und ehrliche Meinungsverschiedenheit zwischen Personen zugrunde, sondern es geht um grundsätzliche Fragen von Interessen, Interessen-Gruppierungen und um Interessen-Kollisionen.

 

Mancher Streit in Vereinen und Vereinigungen scheint sogar taktisch gewollt und angestiftet, gezielt und termingerecht angelegt zu sein. Er soll dann entweder von irgendeiner anderen Sache oder einem anderen Thema ablenken oder eine Person oder Gruppe treffen und beschädigen.

 

Das ist der Vorteil: Wenn Sie Quelle und Flussverlauf des Streites wirklich ausmachen können, läßt sich meistens leicht handeln. Und um diese Fakten herauszufinden, haben Sie als Vorsitzender mit Sicherheit auch Ihre Möglichkeiten: Ihre Erfahrungen, Ihre Zuträger, Ihre Helfer.

 

Stellen Sie fest, wer sich streitet

 

Geht es um eine Streit-Situation im Vorstand innerhalb der Gremien, innerhalb der Mitgliederschaft oder legt sich eine Opposition aus der Mitgliedschaft mit dem Vorstand an? Streiten sich verschiedene Interessen-Gruppen?

 

Nicht nur in die großen Vereine sind zwischenzeitlich neue Interessen und Einflüsse eingekehrt. Auch die kleinen Vereine haben mittlerweile Mitglieder, die ganz persönliche Ziele verfolgen. Das hängt damit zusammen, dass sich in den modernen Vereinen nicht nur Bürger zusammenfinden, die denselben Vereinszweck verfolgen und diesen nach einer gewissen vorgegebenen Ordnung ruhig nachgehen.

 

In vielen Vereinen haben heutzutage Politiker Einzug gehalten, die sowohl ihre persönlichen Interessen verfolgen, als auch die ihrer Partei. Durch diese gewollte oder ungewollte >Bereicherung< des Vereinslebens kann ein Verein gewinnen – er kann aber auch der Spielball anderer Interessen werden.

 

Auch Personen und Persönlichkeiten aus der Wirtschaft streben dem Vereinsleben zu. Viele von ihnen sind sogar vom Vorstand gewollt, geholt und gebraucht worden, weil sie dem Verein nicht übersehbare Vorteile bringen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass diese Personen ihre ganz spezifischen Interessen im Verein verwirklicht sehen wollen.

 

Wenn Sie erkennen, welche Motivation hinter den beteiligten Streitparteien liegt, wird es Ihnen leichter fallen, mit dem Konflikt umzugehen.

 

 

 

 

 

 

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Ergründen Sie, warum der Streit ausgelöst wurde

 

Handelt es sich um echte Grundsätze, bestes Engagement, leichte Missverständnisse? In diesen Fällen müssen Sie sich nicht allzu große Sorgen machen. Ihre Mitglieder sind begeistert dabei und bringen sich und ihre Persönlichkeit voll in das Vereinsleben ein. In Gesprächen, in denen Sie Ihre Diplomatie und Ihr Fingerspitzengefühl einsetzen, bekommen Sie diese Differenzen leicht in den Griff.

 

Erkennen Sie dagegen Aktionen von Störenfrieden, Dummheiten von Krawallmachern, intrigante Manöver von Oppositionellen? Dann müssen Sie unter Umständen einen härteren Kurs fahren. Denn diese Art von Konflikten dringt tief in die Struktur Ihrer Vereinskultur ein und erschüttert sie in ihren Grundfesten. Je früher Sie Gegenmaßnahmen ergreifen, desto besser für die Zukunft Ihres Vereines.

 

Nicht selten wird in diesen Fällen – wenn Gespräche und Appelle an die Toleranz und Kompromiss-bereitschaft der Parteien scheitern – in Vereinen zu den letzten Mitteln gegriffen: zunächst Ermahnung oder Verwarnung. Wenn auch diese Mittel wirkungslos bleiben, folgt die offizielle Abmahnung, die tatsächlich in nicht wenigen Vereinen ihren Einzug gehalten hat.

 

In einem Verein – so könnte man glauben – sollten Disziplinierungsmaßnahmen überhaupt nicht vorkom-men. Denn die Mitglieder haben ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Viele sind Kameraden, Freunde geworden. Die Familien kennen sich schon lange.

 

Trotzdem: Die Abmahnung leitet – leider häufiger als man denkt – in Vereinen das Ausschlussverfahren eines Mitgliedes oder einer Gruppierung ein. Es sollte wirklich das letzte Mittel sein, sich eines Streites zu entledigen. Und - es muss rechtlichen Boden haben.

 

Im Nachhinein stellt sich nur zu oft die Frage, ob der Ausschluss wirklich nötig war, ob ein socher Schritt vereinsgemäß, sinngemäß und sachgemäß ist: Deshalb:

 

Zeigen Sie immer Besonnenheit

 

Wenn sich in Ihrem Verein die Gemüter erhitzt haben und ein Streit sich so richtig hochschaukelt, ist es immer am besten, wenn Sie sich mit Ihren Vorstandskollegen oder anderen Vertrauten beraten. Betrachten Sie die >Sache< erst einmal in Ruhe, bevor Sie eingreifen.

 

Beleuchten Sie nicht nur die beteiligten Personen und den Streitgegenstand, sondern beziehen Sie auch die momentane Situation und den Auslöser des Streites mit ein. Überlegen Sie genau, welche Maßnahmen jetzt die richtigen sind.

 

Lassen Sie sich nicht zu unüberlegten Handlungen verführen, die vielleicht sogar von einer Person oder einer Gruppe provoziert wurden, um Ihre Position zu schwächen. Fragen Sie sich, ob der Streitfall wirklich zum Handeln zwingt oder ob er unter Umständen auch ausgesessen werden kann, nach dem Motto: “Der Hund bellt, die Karawane zieht weiter.“

 

Überlegen Sie genau, ob Ihre vorgesehenen Maßnahmen auch angemessen sind und ob der Streitanlass und Ihre Reaktion auf den Streit im Verein und in der Öffentlichkeit richtig verstanden werden. Prüfen Sie, ob Ihnen selbst dabei genutzt oder geschadet wird. Wägen Sie ab, ob Sie Ihren Mitgliedern und Ihrem Um-feld mit Ihrer Reaktion das richtige Vorbild geben und damit Maßstäbe für die Zukunft Ihres Vereins setzen.

 

Verstehen Sie sich als unparteiischer Vermittler

 

Bei Streitigkeiten im Verein, an denen Sie nicht direkt als Konfliktpartner beteiligt sind, sollten Sie nach der Phase des Überlegens erst einmal mit den Parteien reden. Dabei übernehmen Sie die Rolle des Vermittlers und versuchen, die Gemüter zu beruhigen.

 

Beachten Sie folgende Grundregel, wenn Sie einen Streit schlichten wollen: Bitten Sie die Streitparteien während einer Streitphase um eine Besinnungspause für alle Beteiligten. Das kann eine kurze zehnminütige Auszeit während einer strittigen Diskussion sein, das könnten aber auch mehrere Tage im Falle eines ausgemachten Konfliktes bedeuten.

 

 

 

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Versuchen Sie, in den Vermittlungsgesprächen jede Art von Verbissenheit herauszuhalten, nach dem Motto: immer locker-und cool-bleiben. Ein Quentchen Humor im passenden Moment kann Wunder wirken. Erinnern Sie durch Ihr eigenes Verhalten immer wieder daran, dass Sie alle zunächst einmal im Verein sind, um ein gemeinsames Ziel zu verfogen und dabei auch noch Freude zu haben.

 

Bemühen Sie sich um Toleranz

 

In der sehr wichtigen Besinnungszeit sollte sowohl von den Streitparteien als auch von Ihnen als Streit-schlichter der höchste Grad der persönlichen Toleranz gesucht werden. Appelieren Sie in diesem Sinne an die Gegner. Oberstes Ziel für alle sollte immer das Wohlergehen des gesamten Vereines sein.

 

Appelieren Sie an das Verantwortungsgefühl

 

Meinungsverschiedenheiten und Streit berühren nie nur die Streitenden. Die Ausweitung auf Familie, Freunde und eben auf den ganzen Verein ist vorprogrammiert. Für alle Beteiligten ist eine Eskalation des Streites äußerst schädlich. Und der Verein erleidet in der Öffentlichkeit einen starken Imageverlust.

 

Zeigen Sie Weisheit

 

Ruhe, Gelassenheit und höhere Einsicht sind von den Streitenden nicht zu erwarten. Um so mehr ist in diesen Fällen Ihre weise Beratung gefragt.

 

Toleranz, Verantwortung und Weisheit sind nicht Zeichen der Schwäche, sondern der Stärke. Ein Vereins-vorsitzender, der diese Eigenschaften im Streitfall einsetzt, kann trotzdem ein großer und entschlossener, imponierender und souveräner Vereinsführer sein. Auch gerade deshalb. Denn gerade in Krisen- und Konfliktsituationen zeigt sich die wahre Größe der Führungskraft.

 

Bevor es zu Ausschlussverfahren und dergleichen Maßnahmen in einem Verein kommt, sollten Sie gemeinsam mit Ihren Beratern darüber nachdenken, ob es nicht für einzelne Personen und für den ganzen Verein besser wäre, wenn eine Person zurücktritt oder aus dem Verein austritt.

 

Auch wenn der Streit-Beginner, der Störenfried, der Streithammel in den meisten Fällen nur selten dazu zu bewegen ist, kann der Rücktritt einer Person Zeichen für die Zukunft setzen.

 

Vielleicht ist es eine Person aus dem anderen Lager oder, wenn es dafür genügend Gründe gibt, der Vor-sitzende selbst. Das kann helfen. Das kann ein Befreiungsschlag sein. Das macht Eindruck. Das hat Stil und Charakter und ist dem Wesen eines Vereins angemessener als rechtliche Schritte und Ausschluss-verfahren.

 

 

Es wir nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.